Donnerstag, 12. April 2012

grau.

Meine erste Therapeutin hat mal zu mir gesagt:  
"Das Leben ist nicht wie dein Pulli, das Leben ist wie dein Rock."
Mein Pulli war schwarzweiß mit Schachbrettmuster, mein Rock war in verschiedenen Grautönen wild gemustert.
Das Leben ist nicht nur schwarz und weiß, es gibt wahnsinnig viel dazwischen, sagen sie. Aber genau dieses dazwischen verwirrt mich so.
Schwarz und Weiß sind Extreme. Sie können für verschiene Dinge stehen, für Liebe und Hass, rechts oder links, ganz oder gar nicht. Meistens stehen sie aber für gut und böse. Weiß ist gut wie das Licht und schwarz ist böse wie die Dunkelheit.
Es gibt weiße und schwarze Personen.
Wer einmal in der Position einer schwarzen Person ist, kommt da so schnell nicht wieder weg. Böse ist böse. Bösen Menschen traut man nicht und gibt ihnen keine Chance, sich zu ändern.
Weiße Personen werden idealisiert und sind unheimlich wichtig. Es ist unfair, aber gerade diese Menschen müssen ganz besondere Regeln einhalten um auf ihrer Position zu bleiben. Sie dürfen sich kaum Fehltritte erlauben.
Da sie als durch und durch gut angesehen werden, ist es wahnsinnig verwirrend und verstörend für mich, wenn sie etwas "schwarzes" tun. Zum Beispiel lügen. Oder mir in den Rücken fallen. Manchmal reicht nur ein unüberlegtes, falches Wort, eine winzige, von außen betrachtet völlig unbedeutsame Kleinigkeit. Oft merken sie es gar nicht.

Vor ein paar Jahren hätte es dann passieren können, dass eine weiße Person von einem auf den anderen Tag auf die schwarze Seite rutscht. Oder dass ich so wahnsinnig verletzt wäre, dass ich mich auf der Stelle komplett zurückziehen würde. Das tu ich heute noch manchmal, aber heute weiß ich: Grau existiert.
Gute Menschen tun manchmal schlechte Dinge. Kleine Dinge, die meist nicht einmal böse gemeint sind, sich auf mich aber dramatisch auswirken. Es macht mir immernoch unheimlich zu schaffen, wenn das passiert. Aber mein Verstand sagt, es ist nicht schlimm, wie du denkst. Es ist nicht schwarz. Es ist nur ein winziges bisschen von weiß entfernt. Hellgrau.




Als ich vor ein paar Tagen malen wollte, hab ich keine Pinsel gefunden, also hab ich mit den Fingern gemalt.
Mit Schwarz und mit Weiß. Abwechselnd, manchmal gleichzeitig.
Auf der Leinwand wurde es grau.
Nichts ist jemals nur schwarz oder weiß, sagen sie.
Ob das stimmt, weiß ich nicht.





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